Diabetiker ist nicht gleich Diabetikerin

2015-09-08:

Österreichische Forscher/-innen arbeiten an Gender-spezifischem Diabetes-Selbstmanagement

Diabetes beim Mann oder bei der Frau – das macht einen großen Unterschied: Genderaspekte beeinflussen wesentlich das Gesundheitsverhalten, die Entwicklung und den Verlauf der Erkrankung. Ein österreichisches Forscher/innen-Team untersucht nun erstmals, welche gender-spezifischen Faktoren für Diabetes relevant sind, welche Anforderungen sich daraus ergeben und wie diese Erkenntnisse in künftige IT-Lösungen zur Unterstützung eines erfolgreichen Diabetes-Selbstmanagements integriert werden können.

Diabetes gehört heute zu einer der größten Volkskrankheiten. Die Anzahl der Betroffenen steigt stetig. In der Behandlung wird typischerweise nach Diabetesformen wie Typ1 und Typ 2 unterschieden, Gender-spezifische Unterscheidungen beschränken sich dabei zumeist nur auf das Alter.
Gerade bei Diabetes beeinflussen Genderaspekte aber wesentlich das Gesundheitsverhalten, die Entwicklung und den Verlauf aller Diabetes-Formen. Forscherinnen und Forscher der Salzburg Research Forschungsgesellschaft mbH, der Medizinischen Universität Wien und der Sinovo GmbH & Co. KG versuchen nun, diese Lücke zu schließen.

Im Forschungsprojekt DIABgender werden erstmalig gender-spezifische Anforderungen an eine technologische Lösung für Diabetes-Selbstmanagement aus den unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten von Diabetikerinnen und Diabetikern erhoben: Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten, Stressempfindlichkeit, Schlafgewohnheiten etc. Die Ergebnisse werden in einem Wissensmodell abgebildet und in vorhandene IT-Lösungen zur Unterstützung von Diabetes-Selbstmanagement einfließen. DIABgender will den Grad an Personalisierung erhöhen, um Diabetiker/-innen im aktiven Selbstmanagement ihrer Erkrankung und in der Erreichung von optimalen Zuckerwerten zu unterstützen.

Aktive Mitarbeit von Diabetiker/-innen gefordert

Diabetes erfordert von den Betroffenen Engagement und Eigenverantwortung. Die Diagnose Diabetes bringt für Patientinnen und Patienten meist Änderungen im Alltag und bei lieb gewordenen Gewohnheiten mit sich. „Im täglichen Umgang mit Diabetes unterscheiden sich Männer und Frauen stark voneinander“, erläutert DI Manuela Plößnig, Projektleiterin und e-Health-Forscherin bei Salzburg Research. „Das Gesundheitsverhalten wirkt sich direkt auf die Entwicklung und den Verlauf aller Diabetes-Formen aus.“

Für diese aktive Mitarbeit der Betroffenen stehen bereits IT-Lösungen wie z.B. Diabetes-Apps für Diabetes-Selbstmanagement zur Verfügung. Nun sollen hier auch relevante Gender-Aspekte einfließen. Diese technologischen Hilfsmittel helfen, den Grad an Personalisierung zu erhöhen und den damit Diabetiker/-innen bei der Selbstbeobachtung und der Kontrolle ihrer Erkrankung zu unterstützen.

Biologische und soziale Einflussfaktoren

Eine differenzierte wissenschaftliche Analyse von biologischen und sozialen Einflussfaktoren ist notwendig, die sich nicht nur auf offensichtliche Differenzen zwischen den Geschlechtern beschränkt, sondern vielfältige Handlungsoptionen für alle entwickelt. Vor diesem Hintergrund setzen sich Salzburg Research, die Medizinische Universität Wien und Sinovo im Forschungsprojekt „DIABgender“ erstmals mit der Frage auseinander, welche Gender-Faktoren für Diabetiker/-innen im Umgang mit ihrer Erkrankung im Alltag zur Unterstützung von Diabetes-Selbstmanagement relevant sind.

„Insgesamt wird die Lebensqualität bei Männern und Frauen mit Diabetes unterschiedlich beeinflusst“, sagt Alexandra Kautzky-Willer von der Medizinischen Universität Wien „was wiederum die Stoffwechselkontrolle mitbestimmt“. „Das Hauptrisiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen äußert sich bei Männern und Frauen oft anders. Blutzuckerwerte können bei Frauen vor der Menopause Zyklus-abhängig stark schwanken, das Hypoglykämie-Risiko unterscheidet sich. Schlafprobleme äußern sich unterschiedlich und dergleichen mehr.“

Diabetikerinnen und Diabetiker aus den unterschiedlichen sozialen Schichten, Erkrankungsstadien und Altersbereichen werden eingebunden. Zusätzlich untersucht DIABgender Anforderungen an das medizinische Personal, um gender-sensitives Diabetes-Selbstmanagement zu unterstützen.

Wissensmodell für Technologie-gestütztes Diabetes-Selbstmanagement

Basierend auf Gender-Aspekten, medizinischen Parametern sowie Daten und Beobachtungen der Patientinnen und Patienten werden gendersensitive Muster identifiziert und Empfehlungen für Diabetes-Selbstmanagement spezifiziert. Darauf aufbauend werden Diabetes-Monitoring-Services entwickelt. Dazu wird der im europäischen Forschungsprojekt EMPOWER (Koordination: Salzburg Research) entwickelte Prototyp um ein gendersensitives Empfehlungssystem erweitert.

Öffentlich zugängliche Forschungsergebnisse

Das Wissensmodell und der Prototyp aus dem Projekt DIABgender werden voraussichtlich Mitte 2016 im AKH Wien mit 50 bis 100 Diabetes-Patientinnen und -Patienten getestet und validiert. Projektergebnisse werden der wissenschaftliche Community wie auch IT-Anbietern und Gesundheitsdienstleistern aus dem Bereich des Diabetes Disease Management zugänglich gemacht.

Die Forschungsarbeit wird von der FFG – Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft im Programm „FEMtech – Frauen in Forschung und Technologie“ mit insgesamt 299.000 Euro gefördert.

Forschungsteam:

Salzburg Research Forschungsgesellschaft mbH
Salzburg Research ist ein unabhängiges Forschungsinstitut mit dem Schwerpunkt Informationstechnologien (IT). Die Forschungslinien beraten in technischen IT- und Innovationsthemen und gestalten in nationalen und internationalen Forschungsprogrammen sowie im Auftrag der Industrie. www.salzburgresearch.at

Medizinische Universität Wien
Exzellente und qualitativ hochwertige Forschungsarbeit macht uns zu dem was wir sind – eine der führenden medizinischen Universitäten weltweit. Die MedUni Wien ist eine hochmoderne Forschungseinrichtung mit historischen Wurzeln, auf die wir seit über 650 Jahren zu Recht stolz sein dürfen. www.meduniwien.ac.at

Sinovo GmbH & Co. KG
SINOVO Ltd. & Co. KG steht für übergreifende, hoch integrierte, mobile und kompatible Behandlungs- und Therapiesysteme im Gesundheitsmarkt. Die von Diabetikern für Diabetiker entwickelte Software Suite SiDiary ermöglicht eine einfache mobile und lokale Erfassung von Diabetesdaten, schnelle und übersichtliche Trendanalysen, sowie systematische Auswertungen zur Selbstkontrolle. www.sinovo.de

Rückfragehinweis

DI Manuela Plößnig, Projektleiterin
Salzburg Research Forschungsgesellschaft mbH
0662/2288-402 | manuela.ploessnig@salzburgresearch.at

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