Der Begriff „Produktion der Zukunft“ verweist auf die zunehmende digitale Vernetzung von Produktionsmitteln, Produkten und Prozessen. Ermöglicht wird diese Entwicklung durch technische Fortschritte in zwei Bereichen: zum einen der Sensortechnik, zum anderen der Informations- und Kommunikationstechnik. Aus dem Zusammenspiel dieser Technologien ergeben sich, so zumindest die Prognose, fundamental neue Möglichkeiten in der Steuerung von Maschinen. In der intelligenten Produktion, der „smart factory of the future“, sind Automatisierung und Flexibilisierung kein Widerspruch, sondern vielmehr das Prinzip. Daraus entstehen neue Chancen aber auch Herausforderungen für Anlagenhersteller, -betreiber und Instandhalter.
Salzburg Research organisierte bei der „Innovationstagung 2015: Digitalisierung der Wirtschaft“ eine Session zum Thema „Produktion der Zukunft: Herausforderungen für Mensch, Organisation und Technik“. In einer Diskussionsrunde mit Expertinnen und Experten wurden Chancen, Herausforderungen und Maßnahmen besprochen: Wie können Unternehmen die sich abzeichnende Transformation aktiv und erfolgreich bewerkstelligen?
Die Ergebnisse
Chancen
- Neue Berufsfelder: Innovationen im Zusammenhang mit der Produktion der Zukunft schaffen neue, interessante Arbeitsfelder und hochwertige Arbeitsplätze – dies könnte ein Instrument für die Mitarbeiterbindung sein.
- Chancen für innovative KMU: Produktion der Zukunft bietet gerade auch kleinen innovativen Unternehmen ein Differenzierungspotenzial, wenn sie sich hier spezialisieren. Die Kombination des Potenzials der Startup- und Maker-Szene auf der einen mit dem Know-how der arrivierten Produktionsunternehmen auf der anderen Seite bietet ein erhebliches Innovationspotenzial.
- Wertschöpfung steigern: Produktion der Zukunft bietet Potenziale zur Geschäftsmodell-Innovation in Richtung von Modellen mit höherer Wertschöpfung.
- Intelligente Prozesse oder Produkte: Produktion der Zukunft ist sehr stark ein Prozessthema. Allerdings können neue Prozesse in der Produktion auch dazu führen, dass die Produkte ebenfalls intelligenter werden und neue Services möglich werden. Es entstehen „smarte vernetzte Produkte“, die sich mit ihrer Infrastruktur kommunizieren.
Risiken
- Digitalisierung um jeden Preis: Unternehmen lassen sich vom Hype rund um Industrie 4.0 blenden, gehen überstürzt und ohne strategischen Plan an die Sache heran und machen in der Folge Fehlinvestitionen.
- Überforderung der Mitarbeiter/-innen: Die Mitarbeiter/-innen sind von der komplexen Technik überfordert und können mit der Entwicklung nicht schritthalten. Besonders herausfordernd: ergänzend zu den bestehenden fachlichen Kompetenzen werden in Zukunft auch immer stärker andere Kompetenzen gefragt, z.B. Kenntnisse in Mechatronik, aber auch „Soft Skills“ wie das Übernehmen von Führungsaufgaben, Projektmanagement usw.
- Die richtigen Mitarbeiter/-innen finden bzw. ausbilden: Es könnte ein neuer Fachkräftemangel drohen, wenn die Entwicklung schneller voranschreitet als die Ausbildung von benötigten Fachkräften.
- Fehlende Schnittstellen – Daten statt Information: Eine Diskussionsteilnehmerin meinte: „Wir sind Weltmeister im Datensammeln – aber wissen nicht, was wir letztlich mit den Daten Nützliches machen sollen“. Es besteht also das Risiko, Datenfriedhöfe zu erzeugen, ohne daraus einen Mehrwert zu generieren.
Handlungsfelder: Was muss getan werden?
- Bereitschaft zur Befassung mit dem Thema: die Unternehmen müssen Versuche und Projekte zulassen und fördern. Sie müssen sich schrittweise mit der Thematik vertraut machen – die „Politik der kleinen Schritte“ ist hier der richtige Weg. Nichts-Tun ist keine Lösung!
- Kooperationen suchen: die Unternehmen, v.a. KMU, sollten stärker versuchen, sich in Netzwerken zu beteiligen und Kooperationen mit anderen – auch mit Forschungseinrichtungen – suchen. Dann muss nicht jeder alles für sich allein erarbeiten und entwickeln. Forschungs-, Technologie- und Innovationsnetzwerke können Best-Practice-Sammlungen aufbereiten, Methoden zur Verfügung stellen, eine Tool-Börse bereitstellen, Benchmarks durchführen und Pilotprojekte begleiten.
- Ausbildungsangebote prüfen und ggf. ergänzen bzw. adaptieren: es braucht v.a. neue Möglichkeiten der beruflichen Weiterbildung, um die Fachkräfte für die Produktion der Zukunft fit zu machen. Auch Beiträge der Unis und FHs sind hier gefragt.
- Change Management – Änderungen in der Organisation: die neuen Technologien müssen mit den betrieblichen Organisationsformen kompatibel sein. Hier wird es teilweise Veränderungen brauchen – Widerstände könnten vorprogrammiert sein. Die Einführung der Produktion der Zukunft wird somit oft auch gutes Change Management erfordern. Ein Diskussionsteilnehmer brachte diesen Umstand wie folgt auf den Punkt: „In der Produktion sind wir bei 4.0 angelangt, in der Organisationsform stehen wir aber noch bei 1.0.“
- KMU im Blickwinkel haben: große Unternehmen können die Veränderungen in aller Regel selbst vornehmen und brauchen wenig(er) Unterstützung von außen. Das Hauptaugenmerk bei Maßnahmen von außen sollte auf KMU gerichtet sein. Hier könnten z.B. Pilotprojekte gestartet werden, von denen wiederum andere KMU lernen können.
- Kreativität ist wichtig: Die Produktion der Zukunft ist kein rein technisches oder betriebswirtschaftliches Thema, sondern erfordert auch in hohem Maß Kreativität. Anders gesagt: Kreative Fähigkeiten helfen, die Herausforderungen zu bewältigen!
Die Teilnehmer/-innen der Diskussionsrunde
„In den Unternehmen wird ein Umdenken erfolgen müssen. Mit Industrie 4.0 werden sich komplett neue Geschäftsmodelle entwickeln. Nur jene Unternehmen die diese Notwendigkeit erkennen werden positive Effekte aus Industrie 4.0 generieren.“ Andreas Pree, Manufacturing-Stratege bei Palfinger
„Industrie 4.0 birgt zwar große Chancen gerade auch im Bereich der Instandhaltung. Sollten diese Chance von Politik und Wirtschaft nicht rechtzeitig erkannt und aufgegriffen werden, dann könnte die österreichische Industrie den Anschluss an die führenden Industrie- und Technologienationen verlieren.“ Heino von Schuckmann, Senior Consultant bei MCP Deutschland
„Um einen Nutzen aus dem Hype Industrie 4.0 zu ziehen ist es auch in diesem Bereich notwendig, strategisch strukturiert vorzugehen: von den Daten zur Information zur Entscheidung. Wer diesen Weg gut löst, wird die Nase vorne haben.“ Jutta Isopp, Geschäftsführerin der Messfeld GmbH
„Das allgegenwärtige Silodenken in den Betrieben und in den Ausbildungen verhindert Lösungen in der komplexen Arbeitswelt von heute. Der Weg zur Industrie 4.0 muss neue, vernetzte Arbeitsformen und -strukturen mit sich bringen. Das, nicht die technischen Fragen, sind die eigentlichen Herausforderungen der Digitalisierung.“ Eric-Jan Kaak, Senior Agile Coach bei IcoSense
„Die Produktion der Zukunft beginnt schon heute: Erfolgreiche Ansätze zur Umsetzung in den Unternehmen starten am besten mit kleineren messbaren Schritten und beziehen die Mitarbeiter/-innen, die Organisation und die Technik gleichermaßen ein.“ Georg Güntner ist Leiter des Kompetenzschwerpunkts Industrial Internet bei Salzburg Research
Nachbericht zur gesamten Veranstaltung: itg-salzburg.at
Industrie 4.0 in Salzburg
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