SNML-Talk: Was bin ich wert im Web – Feedback- und Reputationssysteme im World Wide Web

2010-10-07:

Die mittlerweile zur Normalität gehörende breite Verfügbarkeit des Internet mit ihrer großen Informationsdichte verändert unser gesellschaftliches Verhalten und unsere private als auch berufliche Kommunikation. Sie erweitert den Zugang zu Information, Vertrauen und Reputation im World Wide Web bekommt dadurch einen ungeahnten Stellenwert – besonders durch so genannte Feedback- und Reputationssystemen.

Was bin ich wert im Web
Das Internet und die damit verbundene Anonymität sowie die Vielzahl von Anbieter/-innen, Dienstleister/-innen und Angeboten erhöht den Bedarf nach Informationen über Ansehen oder Ruf von Personen, Produkten und Unternehmen. Mit ihrer Hilfe kann z.B. besser eingeschätzt werden, ob einem Ratschlag Glauben geschenkt werden kann, ein potenzieller Arbeitnehmer passende Kompetenzen und Referenzen aufweist, oder ein Online-Händler zuverlässig ist. Reputationssysteme können auch Einblicke über Interessen, Kompetenzen und Rollen von Mitlernenden, von Mitspieler/-innen oder Community-Mitgliedern geben.
„Eine Vielzahl der Unternehmen, ihre Produkte und Dienstleistungen sind heute längst direkt oder indirekt auf den Social-Media-Plattformen „präsent“: Weder kann man diese neue Art der Medienpräsenz ignorieren, noch genügt es, sich damit abzufinden, sondern man muss die sozialen Medien als Chance verstehen und nützen.“, so DI Georg Güntner,
Kompetenzzentrenleiter des Salzburg NewMediaLab (SNML) über Feedback- und Reputationssysteme – ein Thema mit viel Raum für Diskussionen.

Anreize und Vertrauen schaffen: Reputationssysteme im Netz

Der bereits zum fünften Mal veranstaltete Talk wurde einleitend von Dr. Sandra Schaffert, Studienleiterin bei Salzburg Research eröffnet. Praxisnah erörterte sie wie und zu welchem Zweck Reputationssysteme eingesetzt werden, erklärte ihre möglichen Anwendungsgebiete und präsentierte die Ergebnisse, der am SNML veröffentlichten Studie (Social Media Band 4) zum Thema.
„Früher war der Markt oder der Stammtisch ein guter Ort um Erkundungen über Händler und Handwerker einzuholen. Man erfuhr schnell, auf wen man sich verlassen kann und wem man besser kein Vertrauen schenkt“, so Dr. Schaffert zu Beginn ihres Vortrages. Durch die Anonymität der im Internet Agierenden sowie das vielfältige Angebot und die geringe Überschaubarkeit des Angebots entsteht ein zunehmender Bedarf an Information über Ruf und Ansehen von Produkten, Personen sowie insbesondere von Unternehmen – wie beispielsweise Online-Händler, wie Amazon, e-Bay oder Online-Shops großer Konzerne. „Dieser Bedarf wird zunehmend durch die Einführung von Reputationssystemen befriedigt. Damit kann zum Beispiel abgesichert werden, ob einem Ratschlag Glauben geschenkt werden kann, ob ein potentieller Arbeitnehmer passende Kompetenzen und Referenzen aufweist oder wie zuverlässig ein Online-Händler ist“, so Schaffert weiter. Schaffert erörterte anhand zahlreicher Beispiele wie Reputationssysteme eingesetzt werden und wie sie funktionieren. Wer Reputationssysteme einführen oder entwickeln will, wurde jedoch gewarnt: „Reputationssysteme können auch viel schaden, wenn sie nicht zur Community passen. Außerdem ist es wichtig zu wissen, dass es bei solchen Systemen immer auch zu Betrug kommt, vor allem wenn es um Geld geht. Als Anbieter muss man abwägen, ob der Nutzen die Kosten für die Prävention von Missbrauch übersteigt“ so Schaffert abschließend.

Erfolgreicher Einsatz von Empfehlungssystemen in der Wirtschaft
Im Anschluss gaben Wirtschaftsexperten aus unterschiedlichen Branchen den zahlreichen Teilnehmern Einblick in ihre Erfahrungen mit Empfehlungssystemen.

Vertrauen und Reputation als wirtschaftlicher Erfolgsfaktor
Zu Beginn stellte Gabriele Brandner, Geschäftsführerin der Wiener Agentur match group, das ökonomische Potenzial von Vertrauen und Reputation im Web 2.0 anhand von Fallbeispielen dar. „Die Tatsache, dass genau in diesem Moment online über Sie und Ihr Unternehmen diskutiert wird, bewirkt einen Paradigmenwandel, auf den sich die Kommunikationsabteilungen der Unternehmen einstellen müssen“, meint Brandner und empfiehlt den Unternehmen, die sich daraus ergebenden Chancen zu nützen.

Das Yin und Yang von Bewertungssystemen
Mag. Daniela Feuersinger, Geschäftsführerin der Wiener Internetagentur echonet communication, erörterte ihre positiven und negativen Erfahrungen mit Bewertungssystemen in Online-Communitys und warf in ihrem Vortrag einen Blick hinter die Kulissen von zwei Online-Communitys: www.oe2020.at und www.seniorkom.at . „Während bei www.oe2020.at die rege politische Diskussion erfolgreich unterstützt wurde, musste auf www.seniorkom.at das Bewertungssystem nach langen und ermüdenden Diskussionen ersatzlos entfernt werden“, fasste Mag. Feuersinger die Unterschiede der beiden Online-Communitys zusammen.

Der gute Ruf in der freien Enzyklopädie
Die freie Enzyklopädie Wikipedia ist mittlerweile als fundiertes Medium im Internet angekommen. Tausende Autorinnen und Autoren sind täglich darum bemüht den guten Ruf, den sich Wikipedia erhalten hat, zu verbessern und fortzuschreiben. Auch für Unternehmen ist die freie Enzyklopädie längst zu einer wichtigen Recherchequelle geworden – manche sind auch mit ihren Produkten und Erkenntnissen dort vertreten. Christoph Breitler, Autor, Presseverantwortlicher und Mitbegründer des Vereins Wikimedia Österreich befasste sich in seinem Vortrag mit den Strukturen von Wikipedia, die im wesentlichen dadurch gewachsen sind, um die Qualität und den Ruf zu erhalten und zu verbessern. Er gab eine Übersicht über die Organisationsstruktur von Wikipedia aus Sicht der Autoren und Administratoren und versucht ein Bild zu zeichnen wie das Projekt Wikipedia es schafft gute Artikel zuschreiben mit einer Fülle von freiwilligen Autoren aus unterschiedlichsten (Fach)richtungen. „Während der Aufbau und die Pflege des gutes Rufes innerhalb der Autorengemeinschaft gewissermaßen Ehrensache ist, experimentiert Wikipedia in jüngster Zeit auch damit, die Lesergemeinschaft aktiv zur Bewertung von Artikeln und Projekten aufzurufen“, beschreibt Breitler die möglichen Entwicklungen einer freien Enzyklopädie und das Potenzial für unsere Gesellschaft.

Feedback- und Reputationssysteme in Social-Media-Plattformen
Social-Media-Plattformen und Bewertungssysteme werden für Betriebe und Unternehmen immer interessanter: „Kunden und Gäste geben Feedback und Empfehlungen, die durch Ihre Unabhängigkeit sowohl für zukünftige Kunden, als auch für die Suchmaschinen, einen höheren Stellenwert haben, als PR- oder Werbetexte“, so der Inhaber und Gründer der ncmnet communication management Internetagentur für Tourismus Michael Mrazek über das Potenzial von Feedbacksystemen besonders in der Tourismusbranche.
In seinem Vortrag gab er konkrete Tipps, wie man als Unternehmen diese Möglichkeiten nutzen kann, welche Gefahren entstehen und welche konkreten Ergebnisse diese Feedback- und Reputationssysteme bringen. „Im Tourismus-Bereich beispielsweise bietet das Feedback auf Social-Media-Plattformen eine hervorragende und kostenlose Basis für Marktforschung und Qualitätsverbesserung. Beispiele belegen, dass bei richtiger Reaktion der Effekt von zunächst negativer Kritik sogar positiv genutzt werden kann, weil Gäste sich ernst genommen und verstanden fühlen und in der Folge bereit sind, ihre Bewertungen zu revidieren“, fasst Mrazek den Nutzen von Feedback- und Reputationssystemen im Tourismus zusammen.

Die Vortragenden des SNML-Talks am 7. Oktober 2010 im bfi Salzburg (v.l.n.r.): Michael Mrazek (ncm.at), Dr. Sandra Schaffert (Salzburg Research), Gabriela Brandner (match group), Mag. Daniela Feuersinger (echonet communication), Christoph Breitler (Wikipedia) und DI Georg Güntner (Salzburg NewMediaLab)

Die Vortragenden des SNML-Talks am 7. Oktober 2010 im bfi Salzburg (v.l.n.r.): Michael Mrazek (ncm.at), Dr. Sandra Schaffert (Salzburg Research), Gabriela Brandner (match group), Mag. Daniela Feuersinger (echonet communication), Christoph Breitler (Wikipedia) und DI Georg Güntner (Salzburg NewMediaLab)

Bildmaterial: © Salzburg Research
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