Aus Fakten entstehen Entscheidungen, viele Handlungen bauen auf Wissen. Dem gegenüber stehen „alternative Fakten“. Pandemie, Klimakrise oder Energiekrise sind nicht zuletzt durch die Tatsache, dass sie uns alle sehr direkt betreffen, dabei starke Treiber für „Fakes“. Der Wissenschaft kommt daher in diesem postfaktischen Zeitalter eine wichtige Rolle zu. Durch die inhärente Qualitätskontrolle sind die Ergebnisse vertrauenswürdig – und dennoch ist auch die Forschung nicht vor Fakes nicht gefeit!
Zusammenfassung der Breakout-Session „Fact or Fake? Die Rolle der angewandten Forschung im Postfaktischen Zeitalter“ bei den Technologiegesprächen im Forum Alpbach 2022, gesponsert von Forschung Austria.
In unserer Gesellschaft sind Entscheidungen wesentlich von Fakten geprägt: unzählige Studien werden veröffentlicht, die zunehmende Sensorisierung und digitale Vernetzung und die damit steigende Anzahl verfügbarer Daten und Analysen verstärken diesen Trend. Somit bauen wir wie selbstverständlich viele unserer Handlungen auf Wissen auf.
Gleichzeitig wird versucht die Deutungshoheit mit „alternativen Fakten“ zu beeinflussen und über Social Media können Meinungen direkt, also ohne Qualitätskontrolle, an das jeweilige Publikum gebracht werden. Der Druck auf die Wissenschaftler:innen zu publizieren, sich zu finanzieren, bzw. ganz allgemein Erfolge zu liefern, tut ein Übriges.
Vor diesem Hintergrund haben ein hochkarätiges Podium und 80 Teilnehmer:innen im Rahmen der Technologiegespräche des Forums Alpbach auf Einladung der Forschung Austria über die Rolle der Wissenschaft im Kontext des postfaktischen Zeitalters diskutiert.
Wir alle haben schon mit Fakes zu tun gehabt
Wir alle haben Erfahrungen mit Fälschungen und auch in der Wissenschaft sind Fälschungen kein Merkmal der Jetztzeit. Pandemie, Klimakrise oder Energiekrise sind nicht zuletzt durch die Tatsache, dass sie uns alle sehr direkt betreffen, dabei starke Treiber für „Fakes“. Und insbesondere für Österreich muss festgehalten werden, dass uns eine besonders starke Wissenschaftsskepsis attestiert wird (siehe das aktuelle Eurobarometer Wissenschaft).
Ein Beispiel aus der Archäologie zeigt, wie schnell aus (vermeintlichen) Fakten falsche Schlüsse gezogen werden können: bei Ausgrabungen in Jerusalem wurde Vanille in alten Weinamphoren gefunden und dies dahingehend interpretiert, dass Europa schon im 6. Jahrhundert vor Christus Handel mit Südostasien betrieben hatte. Das wäre eine neue Sensation! Fakt ist allerdings, dass nicht Vanille sondern Vanillin gefunden wurde, ein Stoff der in Harzen oder Rosmarin vorkommt. Nachdem Wein zu dieser Zeit oftmals gewürzt und Weinfässer in jedem Fall geharzt waren, wurde das vermeintliche Faktum schnell zum Fake.
Können wir der Wissenschaft vertrauen?
Neben einer Qualitätskontrolle der Ergebnisse der Wissenschaft – die übrigens von den Teilnehmer:innen als vorhanden und gut bewertet wurde – ist es auch wesentlich, den Prozess bzw. den Kontext des Entstehens von Fakten darzustellen und für das Zielpublikum entsprechend zu übersetzen. Wissenschaftliche Ergebnisse sind dabei niemals „fertig“ oder final und natürlich auch nicht wertfrei. Vor dem Hintergrund einer steigenden Komplexität von Forschungsergebnissen und der Notwendigkeit verständliche Erklärungen über das Entstehen wissenschaftlicher Erkenntnisse zu liefern, braucht es somit neue Formate, um die Brücke zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu bilden und es braucht als Basis ein Bildungssystem, das entsprechendes kritisches Denken fördert.
Die Diskutant:innen
- Moderator:in
- DDr. Gabriele Ambros (Präsidentin der Forschung Austria)
- Univ.-Doz. Dr. Siegfried Reich (Geschäftsführer Salzburg Research)
- Univ.-Prof. Dr. Christof Gattringer (Präsident des FWF)
- ao. Univ.-Prof. Larissa Krainer (Universität Klagenfurt)
- Univ.-Doz. Dr. Sabine Ladstätter (Leiterin des Österreichischen Archäologischen Instituts der Akademie der Wissenschaften)
- Dr. Elisabeth Mertl (Senior Researcher am OFI – Österr. Forschungsinstitut für Chemie und Technik)
- Dr. Klaus Pseiner (Geschäftsführer FFG)
- Eva Stanzl (Wissenschaftsredakteurin der Wiener Zeitung, Vorsitzende des Klubs der Bildungs- und Wissenschaftsjournalist:innen)