„IoT-Plattformen“ bildeten das Thema der 6. IoT-Talks am 22.09.2016 im Techno-Z Salzburg. IoT-Plattformen sind Softwarelösungen, die es ermöglichen „Dinge“ über das Internet zu vernetzen, Informationen über diese „Dinge“ auszulesen, Werte zu messen, darzustellen und zu analysieren. Mitunter werden die „Dinge“ über IoT-Plattformen auch gesteuert, d.h. ihr Verhalten und ihre Leistungsparameter werden verändert und ihre Funktionen angepasst. Da das Internet zur Kommunikation verwendet wird, spricht man vom „Internet der Dinge“ („Internet of Things“ oder kurz IoT). Die „Dinge“ – sie werden neuerdings oft als „Smart Products“ bezeichnet – können Gegenstände des täglichen Gebrauchs sein (wie z.B. eine Zahnbürste oder ein Seifenspender), aber auch medizinische Geräte (wie z.B. der Bohrer des Zahnarzts) oder Maschinen und Sensoren in der Fertigungsindustrie (z.B. ein CNC-Bearbeitungscenter oder ein Vibrationssensor) sein. Je nach Einsatzgebiet braucht man eine mehr oder weniger spezialisierte IoT-Plattform zur Überwachung und Steuerung der „Dinge“, Je nach Anwendungsfall existieren eine Vielzahl von „Kommandosprachen“ (Protokolle), um mit den „Dingen“ zu kommunizieren.
Durch diese vielfältigen Einsatzmöglichkeiten haben sich in den letzten Jahren sehr viele IoT-Plattformen mit verschiedenen Ausprägungen entwickelt: Einer jüngeren Studie von IoT Analytics zufolge gab es Mitte des Jahres (Juni 2016) bereits mehr als 360 IoT-Plattformen. Da ist es für viele Unternehmen verständlicherweise schwer, in der Fülle des Angebots den Überblick zu behalten und für die eigenen Geschäftsideen die passende Plattform auszuwählen. Sie stehen sprichwörtlich vor der Aufgabe, den Wald vor lauter Bäumen zu erkennen. Die IoT-Talks im September hatten das Ziel, die Unterscheidungsmerkmale von IoT-Plattformen zu zeigen und Beispiele für die Funktionsweise und die Anwendung der Plattformen zu geben: Der einleitende Vortrag versuchte Ordnung in die Vielzahl der IoT-Plattformen zu bringen. Danach wurden mit der Watson IoT Plattform (IBM), Caberra (IoT4.0 Systems) und Drober (dewise) drei Plattformen vorgestellt und über Erfahrungen damit berichtet. Die Präsentationsunterlagen der IoT-Talks stehen auf der Veranstaltungswebsite zum Download zur Verfügung. Wie üblich beschlossen wir die IoT-Talks mit einem „Diskussions-Imbiss“. Als Sponsor für die IoT-Talks konnten wir die Open Source Expert Group der UBIT Salzburg (WKS) gewinnen – herzlichen Dank!
IoT-Plattformen bewerten
Johannes Innerbichler und Felix Strohmeier aus dem Forschungsbereich IoT bei Salzburg Research (www.salzburgresearch.at) stellten in ihrem Talk ein Klassifikationssystem für IoT-Plattformen vor: Demnach unterscheidet man (1) Plattformen zum Gerätemanagement, (2) Plattformen zum Netzwerk- und Datenmanagement, und (3) Plattformen zur Applikationsentwicklung. Die gegenwärtigen kommerziellen und Open Source Lösungen lassen sich jedoch selten genau einem dieser Typen zuordnen, sondern vereinen üblicherweise die Eigenschaften von zwei oder sogar allen drei Grundtypen. Dennoch bieten diese Typen eine gute Grundlage zur Bewertung und Auswahl von Plattformen. Bei den Entscheidungskriterien gesellen sich zu den technischen Kriterien auch Fragen zu den Geschäftsmodellen und zu den organisatorischen Rahmenbedingungen für die digitale Transformation der Unternehmen: Auch geschäftsrelevante und rechtliche Kriterien bestimmen die Auswahl.
In ihreren jüngsten Forschungsarbeiten haben Innerbichler, Strohmeier und ihr Team ein Indikatorenset entwickelt, das 14 relevante Indikatoren für die Bewertung von IoT-Plattformen beinhaltet. Dies ermöglicht eine feinere Bewertungsgrundlage für die Plattformen. Angewandt werden diese Indikatoren beispielsweise im europäischen Forschungsprojekt NIMBLE und im österreichischen Innovationsnetzwerk i-Maintenance. Bei der Vorstellung der Plattformen von PTC (ThingWorx), BOSCH SI (IoT Suite) und General Electrics (Predix) zeigte sich unter anderem, dass die kommerziellen Lösungen oft auf Open Source Lösungen (z.B. Cloud Foundry) aufbauen und dass die Anbieter – auch wenn ihre selbst Systeme oft „geschlossen“ sind – stark auf die Entwicklung und Verwendung von offenen Standards setzen, um die Entwicklung von IoT-Plattform Ökosystemen zu ermöglichen.
Der intelligente Rasensprenger
Eine der bekanntesten IoT-Plattformen am Markt, die Watson IoT Plattform (www.ibm.com/IoT), wird von IBM bereitgestellt. Alexander Körner von IBM München ging in seinem Talk vom Beispiel eines intelligenten, IoT-befähigten Rasensprengers aus, der die Messwerte von Feuchtigkeitssensoren mit dem aktuellen Wetterbericht verknüpft, um die optimale Bewässerungsstrategie für den Rasen zu berechnen: Ist Regen angesagt, wird Wasser gespart, bleibt es weiterhin trocken und heiß, wird der Rasen ausreichend bewässert, bis die Feuchtigkeitssensoren audreichende Bewässerung melden. Spannend war das Angebot von Herrn Körner, sich bzw. das Mobiltelefon live mit der Watson IoT Plattform zu verbinden und sich die Daten ihrer Bewegungssensoren über das Internet der Dinge anzusehen. Wollen Sie es auch ausprobieren? Eine Anleitung dazu gibt es unter der folgenden Web-Adresse: www.ibm.biz/try_iot
Das geregelte Parkhaus
Johannes Meleschnig von der Klagenfurter IoT 4.0 Systems GmbH (www.iot40systems.com) ging in seinem Talk vom Beispiel eines IoT-befähigten Parkhauses aus, und stellte vor, wie mit Hilfe der Plattform Caberra Regeln und Prozesse abgebildet werden können, mit denen das „intelligente Parkhaus“ auf Ereignisse wie z.B. die Beschädigung eines Ausfahrtsschrankens reagieren kann: Wer muss verständigt werden? Wie müssen nachkommende Fahrzeuge umgeleitet werden? „Verbinden – Erkennen – Entscheiden“ (Connect – Detect – Act) lautet das Motto der von IoT 4.0 Systems entwickelten Plattform Caberra 4.0
Die smarte Kühlvitrine
Robert Kron und Alexander Berger vom Linzer Unternehmen dewise (www.dewise.io) zeigten anhand der von ihnen entwickelten Software Drobler, dass IoT-Plattformen auch komplexe Geschäftsmodelle abbilden können. Als Beispiel fungierte eine mit dem Internet verbundene Weinkühlvitrine: Welche und wie viele Weinflaschen lagern in den Regalen? Wie war der Temperaturverlauf im Regal? Gibt es Auffälligkeiten im Temperaturverlauf, die darauf schließen lassen, dass das Kühlsystem gewartet werden muss? Letztlich können verschiedene Akteure in der Lieferkette – vom Vitrenenhersteller übder den Weinhändler und den Verkäufer bis zum Wartungsdienstleister – aus den über das Kühlregal gesammelten Infomation ein Nutzen ziehen und ihre Geschäftsprozesse darauf anpassen. dewise zeigte auch, das der Usability beim Sammeln, Verknüpfen und Teilen von IoT-Daten eine wichte Rolle zukommt: Sie stellen mit Drobler eine Oberfläche vor, die das Teilen von Informationen aus dem Internet der Dinge ähnlich einfach wie die Freigabe von Dateien auf einer Dropbox macht.
Industrie 4.0 Österreich
Ein besonderer Gast bei den IoT-Talks war der Geschäftsführer der Geschäftsstelle des Vereins „Industrie 4.0 Österreich – die Plattform für intelligente Produktion„, DI Roland Sommer (plattformindustrie40.at). In seinem Kurzreferat stellte er die 2015 gegründete Plattform vor, in der wichtige gesellschaftliche, politische, wirtschaftliche und wissenschaftliche Akteure an der Gestaltung der zukünftigen Produktions- und Arbeitswelt aktiv mitwirken. Das Ziel der Plattform ist es, die neuen technologischen Entwicklungen und Innovationen der Digitalisierung (Industrie 4.0) bestmöglich für Unternehmen und Beschäftigte zu nutzen und den Wandel für die Gesellschaft sozialverträglich zu gestalten. Auch Salzburg Research ist Mitglied der der Plattform Industrie 4.0 Österreich.
Die Fachgruppe UBIT der Wirtschaftskammer Salzburg (WKS) ist sich der Bedeutung des Internets der Dinge für die Entwicklung der Unternehmen und für die digitale Transformation der Wirtschaft bewusst und unterstützten die IoT-Talks. Ing. Ernst Forsthofer, stellvertretender Fachgruppenobmann der UBIT, betonte in seiner Grußbotschaft die Bedeutung von offenen Standards für die Nutzung und Verbreitung von IoT-Plattformen.
Bei den IoT-Talks im September im Techno-Z Salzburg konnte Moderator Georg Güntner ca. 25 TeilnehmerInnen begrüßen. Die IoT-Talks Salzburg sind eine regelmäßige Veranstaltung, in der Lösungsansätze, Praxis-Beispiele, Anwendungen, Standardisierungsaktivitäten und Geschäftsideen rund um das Internet der Dinge vorgestellt und diskutiert werden. Die Teilnahme ist kostenfrei. Nächster Termin: 24. Jänner 2017 (www.meetup.com/iot-salzburg).