Digitale Anreize für nachhaltige Lieferoptionen
Stellen Sie sich vor, Sie sind in einem Online-Shop und wollen gerade zur Kasse gehen und sehen eine Liste der Lieferoptionen. Würden Sie die klimafreundlichste Versandart zu wählen? Eine neue Studie von Salzburg Research hat sich der Frage gewidmet, wie digitale Interventionen die Entscheidung bei der Auswahl nachhaltiger Lieferoptionen einer E-Commerce-Plattform beeinflussen können.
74 Prozent der Internet-Nutzenden in der EU zwischen 16 und 74 Jahren bestellen Waren und Dienstleistungen online. Lieferungen am selben Tag und Sofortlieferungen, die von allen Lieferoptionen die höchsten CO₂-Emissionen aufweisen, sind beliebt und nehmen zu. Ohne künftige Maßnahmen könnte dadurch die Zahl der Fahrzeuge, die Pakete in Großstädten ausliefern, bis 2030 um 36 Prozent ansteigen. Das wiederum würde zu einem Anstieg der Lieferemissionen um 32 Prozent und der Verkehrsüberlastung um über 21 Prozent führen. Zudem verursacht die „letzte Meile“, also der Transport von Waren in Paketen von lokalen Depots und Zustellungszentren zu den endgültigen Bestimmungsorten, etwa 50 Prozent der CO₂-Emissionen der gesamten Zustellung in Europa.
Die Forschungsgruppe für digitale Innovationen der Salzburg Research Forschungsgesellschaft hat daher untersucht, welche Anreizmethoden die Nutzung einer umweltfreundlichen Lieferung und der lokalen Abholung bestellter Waren fördern können.
Effektive Anreizmethoden für nachhaltige Lieferoptionen
Die Ergebnisse der explorativen Studie zeigen, dass eine Kombination von Interventionen zielführend ist, um eine Änderung des Online-Einkaufverhaltens zu erreichen.
„Die effektivsten Interventionen waren jene, die im E-Commerce-Portal eine automatische Voreinstellung für die umweltfreundlichste Lieferoption sowie Informationen über umweltbezogene Konsequenzen und soziale Vergleiche bereitstellten. Das sind z.B. eine Anzeige von CO₂-Emissionen, grünen Blättern oder die prozentuelle Darstellung, wie viele Konsument:innen bereits die nachhaltigste Option gewählt hatten.“
Michael Thelen, Salzburg Research
Der internationale Studienvergleich konnte folgende Techniken der Verhaltensänderung identifizieren, die das Konsumverhalten für grünen E-Commerce beeinflussen können:
- Informationen über soziale und umweltrelevante Auswirkungen, wie beispielsweise die Anzeige von Nachhaltigkeitssiegeln oder grünen Blättern, Berechnungen der CO₂-Emissionen oder Lieferoption, bessere Arbeitsbedingungen für Zustellfahrende, weniger Güterverkehr, Feinstaubberechnungen.
- Soziale Vergleiche: „X% der Kundinnen und Kunden haben bereits die C02-freundliche Variante gewählt“.
- Sichtbarmachung der individuellen Entscheidung als Vorbild / Role model: z.B. „Nachhaltigkeits-Badge“ und die Möglichkeit, die eigene nachhaltige Wahl in sozialen Medien zu teilen.
- Materielle Anreize, u.a. durch das Angebot von preislichen Rabatten für die nachhaltigste Liefermethode.
- Standardeinstellungen im Online-Warenkorb für die nachhaltigste Lieferoption
- Verhaltenskosten: durch die Erhebung eines Aufpreises für die weniger nachhaltige Option
Systematische Anreiztechniken für nachhaltige Lieferung noch kaum vorhanden
„Unter den 65 untersuchten Online-Händlern haben wir nur zwei gefunden, die ausgewiesene Techniken zur Verhaltensänderung für nachhaltige Lieferentscheidungen von Verbraucherinnen und Verbrauchern einsetzen.“
Michael Thelen, Salzburg Research
Ein Zoofachgeschäft bietet den aktiven Verzicht auf die schnellstmögliche Lieferung, um Paketzustellerinnen und Zusteller zu entlasten. Ein Drogeriemarkt bietet eine mit einem grünen Blatt gekennzeichnete umweltfreundliche Lieferoption durch Vermeidung von transportbedingten CO₂-Emissionen.
„Das deutet darauf hin, dass die Anwendung derartiger Anreizmethoden noch in den Kinderschuhen steckt. Es ist jedoch ein aufstrebendes Thema, das in den letzten Jahren an Zugkraft gewonnen hat.“
Michael Thelen, Salzburg Research
Die Studie zeigt, dass digitale Interventionen eine wichtige Rolle bei der Förderung nachhaltiger Lieferoptionen bei der Gestaltung von E-Commerce-Plattformen spielen. Die Ergebnisse dieser explorativen Meta-Studie dienen als Grundlage für die Entwicklung von effektvollen Strategien und digitalen Gestaltungsoptionen, die die Verhaltensänderung bei der Auswahl nachhaltiger Lieferoptionen unterstützen.
Betreiber von E-Commerce-Plattformen zur Teilnahme eingeladen
Interessierte Betreiber von E-Commerce-Plattformen sind herzlich eingeladen, bei User-Workshops oder der in Entstehung befindlichen Testumgebung für digitale Interventionen und Behaviour-Change-Techniken teilzunehmen.
Die Studie entstand im Rahmen des Forschungsprojektes „SuCoLo – Fostering sustainable consumer behaviour with inclusive bicycle logistics infrastructure in urban outskirts“ unter der Leitung von Salzburg Research. Die Erkenntnisse aus der Forschungsarbeit werden in den kommenden Monaten in Salzburg, Leipzig und Meran getestet. Die wissenschaftlich entwickelten und prototypisch getesteten Techniken zu nachhaltigen Kauf- und Lieferentscheidungen werden unter anderem in einem Behaviour Change Guidebook veröffentlicht. Das Projekt wird im Rahmen des Driving Urban Transitions Partnership von der Europäischen Union, der FFG, dem MIMIT, dem BMBF und Vinnova finanziert.
Mehr zur Studie und zum Forschungsprojekt:
- Presseinformation: Neue Studie: Digitale Anreize für nachhaltige Lieferoptionen
- Projektbeschreibung: SuCoLo – Fostering sustainable consumer behaviour with inclusive bicycle logistics infrastructure in urban outskirts
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