AAL-Praxiskonferenz: Die Vortragenden

Digitalisierungslösungen für die alternde Gesellschaft

Am 15. November fand die erste Österreichische AAL‐Praxiskonferenz unter dem Motto „Von der Praxis für die Praxis – AAL made in Austria“ in Salzburg statt. AAL Austria, die Innovationsplattform für intelligente Assistenz im Alltag, und die Salzburg Research Forschungsgesellschaft organisieren diesen österreichweiten Erfahrungsaustausch gemeinsam mit den sieben österreichischen AAL‐Testregionen. Die Konferenz lieferte Informationen aus dem praktischen Betrieb von AAL‐Lösungen in über 500 österreichischen Haushalten und bot Einblicke in Digitalisierungslösungen für die alternde Gesellschaft.

Für den Bereich AAL (Active and Assisted Living) ist eine spannende Zeit angebrochen, den die Technologie ist reif. Auch wenn es für manche befremdlich klingt, so spielt die Digitalisierung eine wichtige Rolle in den Bereichen Pflege und Betreuung. Und sie wird mit all ihren Facetten, inklusive Robotik, Sensorik etc., in Zukunft immer wichtiger werden – nicht um Menschen zu ersetzen, sondern um die Betreuung zu vereinfachen. Zum Beispiel erleichtert die Digitalisierung schon heute den Dokumentationsaufwand. So können sich Pflegekräfte mehr um die Menschen kümmern statt Papierkram zu erledigen. Gerade die nächste Generation wird voraussichtlich sehr alt. Und sie ist jetzt bereits vertraut mit neuer Technologie und nutzt sie für mehr Annehmlichkeiten und um mehr in Bewegung zu bleiben.

PDFs zu den Präsentationen finden Sie hier.

AAL-Technologien in den Niederlanden

Henk Herman Nap von Vilans (NL) berichtete in seiner Keynote von aktuellen AAL-Aktivitäten in den Niederlanden. In den Niederlanden werden drei Prozent des BIP für die Langzeitpflege investiert. Die Lebenserwartung steigt, aber die Pflege ist auch in den Niederlanden keine attraktive Berufswahl. AAL-Technologie – darunter auch die Robotik – könne die Langzeitpflege sehr positiv unterstützen, aber auch helfen, dass Menschen länger zuhause leben können. Probleme bei der Umsetzung sieht er vor allem in folgenden Bereichen: Viele AAL-Lösungen funktionieren nicht Plug&Play, es gibt teilweise unklare Visionen, die Einführung von Neuerungen wird kritisch betrachtet und die Betroffenen werden nicht immer ausreichend über die Vorteile aufgeklärt. Sein Tipp: Wisse was kommt, fange klein an und experimentiere!

Verfügbare AAL-Produkte

Im Ausstellungsbereich wurden sechs Produkte vorgestellt: 2pcs zeigte ihr System für mehr Freiheit durch Sicherheit vor. Dazu gehört u.a. eine Sicherheitsuhr und ein Funkfinger. EVVA stellte den Airkey vor, bei dem beispielsweise via Internet der Zutritt für die Wohnungstüre für Pflegepersonal freigeschaltet werden kann. Joanneum Research zeigte die Multimodale Aktivierung, eine spielerische Aktivierung, die speziell bei Demenz eingesetzt werden kann. Cogvis zeigte einen flexibel einsetzbaren Sturzsensor. ilogs präsentierte ihr System JAMES, das für Sicherheit, gegen soziale Vereinsamung, Gesundheit & Prävention sowie Online-Dienste einsetzbar ist. Und die Vorarlberger Firma Textible zeigte eine Betteinlage, die Flüssigkeiten erkennt.

AAL-Erfahrungen

Zahlreiche Modellregionen zeigten ihre aktuellen Erfahrungen und Schwierigkeiten direkt aus dem Testbetrieb in insgesamt 500 österreichischen Haushalten. Vorgestellt wurden die Testregionen RegionAAL in der Steiermark, Smart VitAALity in Kärnten sowie das neue Bewegungsprogramm fit4AAL in Salzburg und Wien.

Erfahrungsberichte aus der Praxis mit anschließender Diskussion:

  • Durch Technikunterstützung im Alter Eigenverantwortung und Engagement fördern: Erfahrungsberichte mit AAL-Anwendungen aus der Praxis“ (Kerstin Löffler, Geriatriezentrem Graz)
  • Compliance technischer Geräte im höheren Lebensalter – Erfahrungen aus der Testregion Smart VitAALity“ (Birgit Marolt, Hilfswerk Kärnten)
  • Smartes Betreutes Wohnen – Ergebnisse und Erfahrungen aus der Salzburger AAL-Testregion Zentr-AAL“ (Manfred Feichtenschlager, Hilfswerk Salzburg / Cornelia Schneider, Salzburg Research)
  • AAL – IT-unterstützte und personalisierte multimodale Förderung bei M.A.S.-Demenz in der Praxis“ (Josef Steiner, Sozialverein Deutschlandsberg)
  • Digitalisierung in der Pflege und Betreuung. Passt daszusammen?“ (Anastasia Knoll, Wiener Sozialdienste)

Bei der abschließenden Diskussion waren sie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einig: Die Digitalisierung ist eine Unterstützung – sie wird die menschliche Arbeit ergänzen. Robotik ist ein gänzlich neuer Zugang, ist aber gerade bei Demenz sehr vielversprechend, weil die Betroffenen dieses Angebot sehr gut annehmen. Die Dokumentation kann rascher erledigt werden, die Betroffenen sind selbstbestimmter – vor allem unterwegs – und es gibt eine größere Sicherheit.

Jedoch hat AAL ein Akzeptanzproblem. Noch steckt die Disziplin sehr stark in der Analyse und noch wenig im Roll-out. Als Assistenzsystem muss es allerdings funktionieren, wenn es die Situation erfordert. Auch die Finanzierung ist eine Herausforderung: Pflege ist ein volkswirtschaftlicher Aspekt – die AAL-Technologien müssen aber aktuell von Privatpersonen finanziert werden. Aus technologischer Sicht sind offene Schnittstellen wichtig als Gegenbewegung zu isolierten Einzellösungen über die Cloud. Etwa durch ein „Zertifikat für freie AAL-Lösungen“ könnte sich Europa gegenüber großen Konzernen abheben. Wenn die Technologie einen konkreten Nutzen hat, der konkrete Bedürfnisse befriedigt statt nur „Nice-to-have“ zu sein, wenn sie auch Spaß macht, dann wird sie funktionieren. Oberstes Ziel ist und bleibt die Lebensqualität.

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