2014-05-15:
Großes Publikumsinteresse bei der Veranstaltung von der Industriellenvereinigung Salzburg und Salzburg Research
Industrie 4.0 ist DAS Schlagwort der Gegenwart. Die Produktion der Zukunft wird in einer vollintegrierten und vollautomatisierten Produktionskette stattfinden. Das Werkstück wird eindeutig identifizierbar und jederzeit lokalisierbar sein und seinen Weg vom Anfang bis zum Ende kennen. Das klingt nach Science Fiction, ist aber bald schon Realität. Die Veranstaltung „Industrie 4.0 – Die Produktion der Zukunft“ der Salzburg Research Forschungsgesellschaft und der Industriellenvereinigung Salzburg am 15. Mai 2014 brachte Klarheit rund um das Modewort Industrie 4.0 und zeigte erste praktische Umsetzungsprojekte.
Ausgewählte Expertinnen und Experten brachten am 15. Mai Licht in die vielerorts noch unklare Begriffswelt der vierten industriellen Revolution. Im Mittelpunkt standen Chancen, Herausforderungen und Potenziale von Industrie 4.0 sowie erste Umsetzungsprojekte und Beteiligungsmöglichkeiten. Praktiker zeigten, was heute schon möglich ist und wohin die Reise in naher Zukunft gehen wird, wie sich Produktion und Geschäftsprozesse verändern werden.
„Salzburg zählt heute schon zu den innovativsten und wettbewerbsstärksten Regionen in Europa. Veranstaltungen wie diese helfen mit, dass die Unternehmen im Land mit den neuesten Entwicklungen Schritt halten können“, betont Landeshauptmann Wilfried Haslauer. „Der Sektor Maschinenbau investiert im Bundesland Salzburg mit deutlichem Vorsprung am meisten in Forschung und Entwicklung. Daher treffen wir mit dem Thema Industrie 4.0 die Bedürfnisse der Unternehmen in der Region“, so Landeshauptmann Haslauer weiter.
„Industrie 4.0 ist eine Herausforderung mit unglaublich großem Potenzial für den Standort Salzburg. Die klassische Produktion wird mit Informations- und Kommunikationstechnologien zusammenwachsen. Mehr Effizienz und Flexibilität sowie den Kunden zielgerichteter und schneller zu bedienen sind die wichtigsten Vorteile. Die heimische Industrie kann an einem Hochlohnstandort wie Österreich mit Industrie 4.0 einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil im internationalen Umfeld sichern. Wir können nicht billigst produzieren, deshalb ist Industrie 4.0 ein besonders wichtiger Schritt auf Salzburgs Weg an die Spitze der Innovativsten Standorte“, sagt Irene Schulte, Geschäftsführerin der Industriellenvereinigung Salzburg. „Dreimal mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmer als erwartet – insgesamt knapp 150 Personen – sind der Einladung zur Veranstaltung gefolgt, das ist ein deutliches Zeichen für die große Brisanz und Aktualität der Veranstaltung“, freut sich Co-Veranstalter Siegfried Reich, Geschäftsführer der Salzburg Research Forschungsgesellschaft.
„Reale und virtuelle Welt werden synchronisiert. Das heißt, dass die Arbeitsschritte nicht mehr von vorprogrammierten Maschinen gelenkt werden, sondern die Maschinen und Werkstücke organisieren autonom den Herstellungsprozess. Dabei halten zunehmend Internettechnologien Einzug in die Fertigungsstraßen und bewirken gerade in Klein- und Mittelbetrieben einen Innovationsschub“, erklärt Georg Güntner, Projektleiter und Veranstaltungsorganisator bei Salzburg Research.
Instandhaltung 4.0 – Auswirkungen der „vierten industriellen Revolution“ auf eine ganze Branche
Eines jener Umsetzungsprojekte, die bereits in Bearbeitung sind, ist die Sondierungsmaßnahme „Instandhaltung 4.0“. Die Partnerunternehmen Bilfinger Chemserv, dankl+partner consulting und Messfeld GmbH untersuchen unter der Koordination von Salzburg Research wie sich der Trend zu Virtualisierung und Vernetzung auf die Prozesse, Methoden und Strategien der Instandhaltung auswirkt. „In der Sondierungsmaßnahme Instandhaltung 4.0 entwickeln wir gemeinsam eine Roadmap für den Forschungs- und Entwicklungsbedarf der Instandhaltungsbranche, um für die vierte industrielle Revolution gerüstet zu sein“, sagt Projektleiter Georg Güntner von Salzburg Research.
Künftig wird durch neue Produktionsprozesse auch die Instandhaltung mithalten müssen: „Weil die smarte Produktionsmaschine weiß, wie es um ihre Komponenten steht, können künftig die Ersatzteile zum idealen Zeitpunkt – also kurz vor dem Defekt ausgetauscht werden“, erklärt Georg Güntner. Günter Loidl, Senior Consultant, Projektmanager und Trainer bei dankl+partner consulting gmbh in Wals bei Salzburg, bringt die Notwendigkeit einer derartigen Sondierungsmaßnahmen auf den Punkt: „Wir spüren eine große Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis. Sehr viele Anwendungen sind theoretisch kein Problem, vom Alltag der Instandhaltungsmitarbeiter aber meilenweit entfernt. Wir diskutieren über Datenvernetzungen und sich selbst organisierende Prozesse und vergessen, dass in manchen Industriebereichen oft nicht einmal Internetzugang vorhanden ist.“
Datenbrillen als Arbeitsmittel im Industrie4.0-Zeitalter
Der Hype um Google Glass und andere Datenbrillen-Modelle weckt das bis dato wenig ausgeprägte öffentliche Interesse an Wearable Computing. Viele große und kleine, bekannte und unbekannte Unternehmen arbeiten an Datenbrillen, die verschiedensten Konzepten folgen und jeweils spezifische Vor- und Nachteile haben. Dabei haben es die wenigsten bisher geschafft, über den Prototypen-Status tatsächlich hinaus zu kommen. „Doch dies ist nur eine Frage der Zeit – wir stehen im Moment bei den Datenbrillen am Anfang wie es bei Mobiltelefonen vor 20 Jahren der Fall war“, meint Christian Kittl, Geschäftsführer der Evolaris Next Level GmbH.
Sowohl im Consumer-Bereich wie auch für den betrieblichen Einsatz gibt es eine Fülle sinnvoller Anwendungsszenarien: Datenbrillen können etwa für Training und Simulation, als Arbeitshilfe, zum Überwachen von Daten und Sensoren und für die Anzeige von Echtzeit-Informationen verwendet werden. Im industriellen Bereich können in der Datenbrille zum Beispiel Montageanleitungen oder Arbeitsanweisungen eingeblendet werden – wobei die Hände des Mitarbeiters frei bleiben. Besonders interessant sind auch Anwendungen im Bereich der Fernwartung. Der vielleicht am anderen Ende der Welt sitzende Experte kann mittels Datenbrillen-Kamera in Echtzeit genau das sehen, was auch der Monteur vor Ort sieht.
Industrie 4.0: In vielen Bereichen bereits Realität
Die zahlreichen Vortragenden zeigten in zahlreichen Referenzprojekten, dass das Modewort „Industrie 4.0“ schon in vielen Betrieben Realität geworden ist. Keynote-Sprecher Herbert Jodlbauer von der FH Oberösterreich, Campus Steyr, streute Innovationsgeist: „Viele Menschen haben Angst vor der Volatilität, Angst vor Schwankungen. Nicht nur der Mensch, auch die Produktion der Zukunft lernt durch Beanspruchung“, ist Jodlbauer überzeugt. „Der Endkunde wird immer mehr typisch betriebswirtschaftliche Rollen übernehmen, digitale Dienstleistungen werden immer bedeutender.“ Hubert Koitz von der Geislinger GmbH schlägt in eine ähnliche Kerbe und ermuntert die Kolleginnen und Kollegen: „Gehen Sie neue Wege, es zahlt sich aus!“ Auch für die Gastgeberin der Veranstaltung, Astrid Lamprechter, Geschäftsführerin von den GWS – Geschützte Werkstätten Integrative Betriebe Salzburg GmbH, hat Industrie 4.0 hohe Relevanz: „Gerade bei speziellen Rahmenbedingungen wie in einem integrativen Betrieb sind einfache und sichere Abläufe wichtig, um gute Qualität zum guten Preis bieten zu können.“
Markus Vorderwinkler von der Profactor GmbH zeigte am Beispiel von Feuerverzinkungsanlagen simulationsgestützte Optimierung in Anlagenbau. Klassische Berechnungen stoßen zunehmend an ihre Grenzen, das Testen von Anlagen wird immer öfter virtuell vor der Inbetriebnahme erledigt. Vision ist, dass Simulationswerkzeuge allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Verfügung stehen, um bestmögliche Entscheidungen treffen zu können. Usability und Bediensicherheit stehen auch für Hans-Peter Ziegler von der Ing. Punzenberger COPA-DATA GmbH im Mittelpunkt. Der Mensch hat also in Zeiten der Industrie 4.0 bei weitem nicht ausgedient: Der Mensch ist und bleibt Akteur und Entscheider in immer komplexer werdenden Bereichen. Eine „ergonomische Software“ wird dabei entscheidend unterstützen.
Konkrete Möglichkeiten zur Zusammenarbeit
Manfred Stadlbauer von der Techmeter GmbH informierte über technologische Schnittstellen und regionale Stärkefelder im Bundesland Salzburg. Das Fazit daraus lautet: Salzburg ist in vielen Bereichen bereits gut aufgestellt, bei intelligenter Vernetzung der relevanten Player kann hier noch viel erreicht werden. Reinhard Pacejka stellte die österreichische Forschungs-, Technologie- und Innovationsoffensive der FFG – Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft „Produktion der Zukunft“ vor, Georg Güntner von der Salzburg Research Forschungsgesellschaft die europäischen Förder- und Kooperationsmöglichkeiten.
Hintergrundinformation: Industrie 4.0 – Die Virtualisierung der Produktion
Seit Anfang 2013 kamen in ganz Europa Diskussionen zu einer industriepolitischen Wende in Gange, welche auch als die „vierte industrielle Revolution“ bezeichnet wird: Fertigung fusioniert mit IT.
Informations- und Kommunikationstechnologie und das Internet bringen die Industrie in ein neues Zeitalter. Auf die Automatisierung durch Elektronik und IT (Industrie 3.0) folgt die „Informatisierung“ durch das Internet und cyber-physische Systeme (Industrie 4.0): Die zu erledigenden Arbeitsschritte werden nicht von vorprogrammierten Maschinen gelenkt, sondern das Werkstück organisiert selbst seine Herstellung und alle Abläufe rundherum. Fertigungstechnische Schritte werden automatisch mit kaufmännischen Aufgaben und Prozessen integriert. Durch diese intelligente Vernetzung wird eine weitere Flexibilisierung der Produktion erreicht und die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt.
Grundprinzipien von Industrie 4.0
Innovationen entstehen oft durch die Kombination vormals getrennter Technologien – wie bei der Verbindung von Fertigungs- mit Web-Technologien:
- Cyber-physische Systeme: Industriemaschinen existieren sowohl real (physisch), wie auch virtuell im Web. Die Möglichkeiten, mit Maschinen direkt über das Web zu interagieren, steigen exponentiell.
- Virtualisierung: Geschäfts-, Versorgungs- und Lieferprozesse werden zunehmend digitalisiert und damit berechenbar und simulierbar.
- Vernetzung von Menschen, Organisationen und Maschinen: alle können mit allem zu jeder Zeit kommunizieren, und jeder und alles wird nachverfolgbar.
- Das Internet der Dinge: Ein zentrales Argument für das Potenzial der Virtualisierung ist die eindeutige Adressierbarkeit physischer Objekte in einer Internet-ähnlichen Struktur: Autos sind ebenso identifizierbar wie ihr Motor, ihr linkes Vorderrad usw.
Fotos: Abdruck honorarfrei bei Verwendung des Urhebervermerkes © Industriellenvereinigung Salzburg/Neumayr
Für hochauflösende Datei bitte auf die Vorschau klicken:
Rückfragehinweis:
DI Georg Güntner, Salzburg Research Forschungsgesellschaft mbH
0662/2288-401 | georg.guentner@salzburgresearch.at